Heinrich Rantzau im Porträt

Wie aus Rittern Beamte wurden. Ein Porträtvergleich zwischen Vater und Sohn 

Thema und historischer Kontext

Mit der Herausbildung des frühmodernen Staates wandelten sich die Anforderungen an die gesellschaftlichen und politischen Eliten. Für die wachsenden Aufgaben in Verwaltung und Justiz stützte sich der Souverän zusehends auf eine fachlich versierte Beamtenschaft. Auf dem Schlachtfeld verdrängten besoldete Landsknechte, aus denen später stehende Heere wurden, die Ritteraufgebote; das Lehnswesen, das auf Treue und Gefolgschaft des Adels beruhte, verlor allmählich an Bedeutung. Bildung, Kunst und Kultur prägten zunehmend das Selbstverständnis der höfischen Gesellschaft. Für ein hohes Amt qualifizierte man sich nicht mehr allein durch den Stammbaum, sondern auch durch die Ausbildung.

In den Lebensläufen von Johann und Heinrich Rantzau, zwei herausragenden Vertretern der holsteinischen Ritterschaft, spiegelt sich dieser Wandel exemplarisch wider. War Johann ein treuer Vasall des Königs und erfolgreicher Kriegsunternehmer, betritt mit seinem Sohn Heinrich ein gebildeter Diplomat die politische Bühne. Seine edle Herkunft, seine Bildung, sein Ehrgeiz und schließlich die guten Beziehungen der Familie Rantzau zum dänischen Königshaus ermöglichten ihm eine steile politische Karriere als Berater und Stellvertreter des Königs in den Herzogtümern Schleswig und Holstein. Anders als sein Vater führte er die Feder, nicht das Schwert. Der These des Rantzau-Biographen Dieter Lohmeier folgend, gilt Heinrich Rantzau als der Prototyp eines sozialen Prozesses, in dessen Verlauf Ämter und Ministerien im Königreich zu einer Domäne des Adels wurden: der Schwertadel wandelte sich zum Dienstadel (Lohmeier, S. 114). Mit Heinrich Rantzau nahm diese Entwicklung, die im Laufe des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichen sollte, ihren Anfang. Vor allem durch seine Bildung unterschied sich Heinrich Rantzau von seinen Standesgenossen; damit war er seiner Zeit weit voraus - er war ein "schwarzer Schwan", so Lohmeier.

Porträtvergleich zwischen Vater und Sohn

Der Funktionswandel und die neue Selbstdarstellung des Adels lassen sich anhand zweier Porträts veranschaulichen, die den Vater Johann und Sohn Heinrich Rantzau zeigen. Es geht darum, die Unterschiede herauszuarbeiten und im historischen Kontext zu interpretieren.
Seit der Entwicklung der Porträtkunst in der Renaissance verfügen wir über lebensechte Wiedergaben von Personen. Das gilt auch für die beiden hier ausgewählten Bildnisse. Sie stellen individuelle Charaktere dar, die Gesichter sind ausdrucksstark, lebendig, beinahe „fotorealistisch“. Sie wirken modern, obwohl sie vor mehr als 400 Jahren gemalt wurden: Die dargestellten Personen könnten unsere Großväter sein. Das erleichtert den Schülerinnen und Schülern den Zugang zum Thema und erhöht die Motivation, sich damit auseinanderzusetzen.

Porträt Johann Rantzaus

Abb. 1: Johann Rantzau, Wikimedia, Public Domain

Bildquelle

Johann Rantzau, Gemälde eines unbekannten Künstlers 1563. Das Original befindet sich auf der Breitenburg (Lohmeier, Abb. 12).

Bildbeschreibung und Interpretation

Johann Rantzau erscheint im Harnisch, den Helm aufgesetzt, als zöge er gerade in die Schlacht. Mit ernstem, würdevollen Blick stellt er sich in der Rolle dar, die er sein Leben lang spielte: als Ritter, Feldherr und Soldat. Die Wappen der Familien seiner Eltern im Hintergrund verweisen auf seine adlige Herkunft. 

Eine bündige Charakterisierung stammt aus einer Monographie des Historikers Otto Brandt aus dem Jahre 1927. Er beschreibt Johann Rantzau als "Kraftnatur" und "Kriegsmann" und verknüpft seine Erscheinung mit Szenen aus seinem abenteuerlichen und weltläufigen Leben, dem die Reformation eine entscheidende Wendung verlieh. Sein Wesen und seine Rolle werden plastisch herausgearbeitet; allerdings eignet sich die Schilderung wegen der zeittypischen Emphase und Idealisierung wahrscheinlich nur bedingt für die Textarbeit im Unterricht heute:

„Seine Kraftnatur, die nur auf festes Handeln eingestellt war, ist auch von Luthers einfacher Lehre so mächtig ergriffen worden, daß er ihr sicherer Wegbereiter in den Herzogtümern wurde. Er, der einst im Heiligen Lande, in Jerusalem selbst, zum Ritter geschlagen ward, der im Spanischen Compostela am Grabe San Jagos seine Andacht verrichtet, in Rom Leos X. Fuß gläubig geküßt hatte, ist in Worms, wohin er mit seinem Schutzbefohlenen, dem Prinzen Christian, späteren König Christian III., gekommen war, unmittelbarer Zeuge von Luthers Bekenntnis vor Kaiser und Reich gewesen. Kurz, Johann Rantzau, auf den auch im folgenden wiederholt unsere Blicke gelenkt werden, war ein Typus seiner von äußeren und inneren Kämpfen durchtobten Zeit: so gibt ihn noch heute ein altes Ölbild auf Breitenburg wieder, mit dem wetterharten, fest in sich geschlossenen Angesicht eines Kriegsmannes, den klugen Augen unter schweren Lidern, den Helm auf dem Haupte, im Waffengewand, einem der anderen damaligen großen Heerführer, etwa Georg von Frundsberg, gleichend.“ (Brandt, S. 12) 

Bildunterschrift

Die Bildunterschrift dokumentiert die herausragende Rolle Johann Rantzaus als Befehlshaber im Dienste des dänischen Königs. Darin rühmt er sich seiner Taten. Aus den Schlachten, die er focht, ging er stets als Sieger hervor und wurde so zum "Königsmacher". Lohmeier fasst den Inhalt zusammen: 

„Die Unterschrift berichtet unter anderem, er habe drei dänischen Königen - Friedrich I., Christian III. und Friedrich II. - „mit siegreicher Hand und einzigartiger Klugheit“ die Krone aufgesetzt und einen, Christian II., aus drei Königreichen - Dänemark, Schweden und Norwegen - vertrieben.“ (Lohmeier, S. 30)

Porträt Heinrich Rantzaus

Abb. 2: Heinrich Rantzau, Wikimedia, Public Domain

Bildquelle

Heinrich Rantzau, Gemälde eines unbekannten Künstlers 1586, Das Original befindet sich auf der Breitenburg (Lohmeier, Abb. 1). Kopien finden sich u.a. in der Heinrich-Rantzau-Schule und auf dem Epitaph der Rantzau-Kapelle in Bad Segeberg.

Bildüberschrift

Die Übersetzung der Bildüberschrift lautet:

„Bildnis Heinrich Rantzaus, des Statthalters des Königs in den Herzogtümern Holstein etc. Im Jahre des Herrn 1586 im Alter von 61 Jahren“

Bildbeschreibung und Interpretation

Heinrich Rantzau trägt, anders als sein Vater, keine Rüstung, sondern einen Mantel (oder Robe) mit weißem Kragen; das Haupt ist unbedeckt. Das Bild des Statthalters kommt ganz ohne militärische Attribute aus. Wie das Antlitz hebt sich auch der Elefantenorden, den er trägt, deutlich von dem dunklen Hintergrund ab. Der Orden galt als die höchste Auszeichnung des dänischen Königs. 

Auch dieses Porträt hat Otto Brandt interpretiert. Ebenfalls thematisiert er den Wandel im Erscheinungsbild der beiden Rantzaus, indem er feststellt, dass Heinrich Rantzau, anders als sein Vater, hier nicht als  Krieger, sondern als humanistischer Gelehrter erscheint:  

„Auf einem ebenfalls auf Breitenburg vorhandenen Porträt erblicken wir das durchgeistigte Haupt eines humanistischen Gelehrten, ein Paar klarer, durchdringender Augen, wie sie auf den Bildnissen eines Dürer oder Holbein uns bannen, über ihnen wölbt sich die von Gedankenarbeit zeugende Stirn, und der ins Weißliche übergehende, wohlgepflegte Vollbart gibt dem Gesicht noch besonders den Ausdruck tiefen Ernstes und einer gewissen Feierlichkeit, ebenso wie das dunkelsamtene Kleid mit dem blendend weißen Kragenaufschlag. Selbst da, wo, wie auf Kupferstichen, Medaillons und Münzen, Heinrich Rantzau gelegentlich nach der höfischen Mode seiner Zeit im Prunkharnisch dargestellt ist, empfindet man, daß der Träger nicht ein Krieger sein kann.“ (Brandt, S. 13) 

Lernziele und Lehrplan

Dieser Unterrichtsvorschlag deckt Themen und Anforderungen an den Erwerb von Kompetenzen ab, wie sie im Lehrplan ("Fachanforderungen") Geschichte für Schleswig-Holstein gefordert sind. Dazu zählen:

Curriculare Inhalte zum Thema "Wege in die Moderne?" für die Sekundarstufe I:

  • neues Denken und Handeln in der Frühen Neuzeit
  • Herausbildung des modernen Staates

Kompetenzerwerb in der Sek. I:

  • mit Bildern als Quellen arbeiten
  • aus Bildern historische Informationen und Erkenntnisse gewinnen
  • Porträts interpretieren und Aussagen darüber machen, wie die dargestellten Persönlichkeiten gesehen werden wollten

Auch ein Einsatz in der Sekundarstufe II ist möglich. Inhaltliche Bezüge ergeben sich beispielsweise zu dem dort behandelten Thema: "Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft – Kontinuitäten und Brüche".

Literatur

  • Otto Brandt, Heinrich Rantzau und seine Relationen an die dänischen Könige, München und Berlin 1927
  • Dieter Lohmeier, Heinrich Rantzau. Humanismus und Renaissance in Schleswig-Holstein, Heide 2000
  • Fachanforderungen Geschichte für Schulen in Schleswig-Holstein im Fachportal.SH https://fachportal.lernnetz.de/sh/fachanforderungen/

Autor

Ulrich Vogel (07/23)